Leise führen, klar entscheiden: Warum die „stille Revolution“ von Bodo Janssen gerade KMU stärker macht
- David Kleiner

- 11. Okt.
- 5 Min. Lesezeit

Führung in kleinen Unternehmen ist kein abstraktes oder theoretisches Thema. Sie geschieht zwischen Kundenterminen, Mitarbeitergesprächen und Zahlenkolonnen – oft unter Hochdruck, fast immer unter Unsicherheit. Gerade deshalb lohnt sich ein genauer Blick auf das, was Bodo Janssen als „stille Revolution“ bezeichnet: eine Bewegung hin zu Führung, die auf Haltung, Sinn und Selbstführung setzt und damit auf echte Handlungsfähigkeit.
Ich teile viele dieser Gedanken und wende sie in meiner täglichen Arbeit auch an. Ich bin Unternehmer und begleite ausgewählte Betrieb und Einzelpersonen in Sachen Haltung und Führung.Wer Verantwortung trägt, weiß: Lautstärke ersetzt keine Richtung. Tempo ersetzt keine Klarheit. Und Kontrolle ersetzt kein Vertrauen.
Führung beginnt mit Selbstführung
Die größte Herausforderung im Führen liegt selten bei anderen, sondern bei einem selbst. Wer unruhig ist, überträgt Unruhe. Wer Sinn sucht, gibt Orientierung. Janssens Verständnis von Führung setzt genau dort an: Erst wenn eine Führungskraft ihre eigene Haltung geklärt hat, kann sie für andere Halt geben.
In kleinen Unternehmen ist dieser Gedanke besonders wirksam. Es gibt keine zweite Ebene, die Puffer bietet. Entscheidungen spürt man sofort: im Klima, im Cashflow, im Vertrauen des Teams.
Eine klare innere Haltung schützt vor Aktionismus und schafft Raum für kluge Entscheidungen. Die hatte ich nicht immer. Um sie zu gewinnen - die klare innere Haltung - durchlief ich eine Phase der Unsicherheit, Angst, Hoffnungslosigkeit - you name it. Es hat mir gut getan, immer wieder mal von einer externen Person an die Hand genommen worden zu sein oder den Spiegel vorgehalten zu bekommen.
Haltung als Kompass in unvorhersehbaren Zeiten
Unternehmerinnen und Unternehmer stehen heute vor einer paradoxen Aufgabe: Sie sollen Orientierung geben, während sich die Welt ständig verändert. Janssen beschreibt diese Spannung als Kernaufgabe moderner Führung und sie trifft den Nerv vieler KMU.
Haltung bedeutet in diesem Kontext nicht Starrheit, sondern bewusste Flexibilität. Es geht darum, Entscheidungen zu treffen, auch wenn nicht alle Daten vorliegen, und sie notfalls zu revidieren, wenn neue Erkenntnisse entstehen. Das erfordert Mut, Demut und Disziplin zugleich: eine seltene, aber entscheidende Kombination.
Es war für diese Neuausrichtung (für diese Häutung) notwendig, dass alle im Team mit an Bord waren. Leider war es auch notwendig für eine bestimmte Zeit einen Standort zu schließen und die Kräfte zu bündeln. Schwer, unglaublich schwer fiel mir diese Entscheidung.
Verantwortung teilen statt Kontrolle verteilen
Ich habe gelernt, dass Verantwortung, die geteilt wird, meist stärker getragen wird. Mitarbeitende, die Verantwortung übernehmen dürfen, entwickeln Eigeninitiative. Die Voraussetzung ist allerdings Klarheit: Wer entscheidet was und bis wohin?
In der Praxis bedeutet das: Entscheidungsrechte schriftlich festhalten,
Revidierbarkeit offen aussprechen und Fehler als Teil des Lernprozesses begreifen. Das Ergebnis ist kein Chaos, sondern eine Kultur des Vertrauens. Und genau diese Kultur erzeugt Geschwindigkeit, ohne Hektik zu fördern.
Lernen an der Grenze
Führung bedeutet auch, Menschen an ihre Grenzen – und darüber hinaus – zu führen. Janssen beschreibt eindrucksvoll, wie gemeinsames Wachsen durch Herausforderungen möglich wird.
Ich halte diesen Gedanken für universell: Ob Bergexpedition oder komplexes Projekt, entscheidend ist die gemeinsame Erfahrung, dass Wachstum außerhalb der Komfortzone stattfindet.
Für kleine Teams lässt sich das leicht übersetzen: Ein Projekt mit hohem Anspruch, klarem Zeitrahmen und ehrlichem Feedback am Ende wirkt stärker als jedes Fachtraining. Seminare, in denen man als Mitarbeitende nachdenken darf, hingegen haben großes Potenrial, ein Unternehmen dieser Größe gut voranzubringen.
Für uns hat das bedeutet, aus einer eindimensionalen Wahrnehmung (die Kundinnen sehen uns nur als Kosmetik-Betrieb) auszutreten, Verwirrung zu akzeptieren und die Arbeit, wie wir sie eigentlich anlegen wollten, nun endlich umzusetzen. Nämlich - exklusiv als Psychologe ein neues Erkennen und Begreifen anzubieten - mit Hilfe der Selbstfürsorge aus der Hautpflege und der Körperbehandlung. Wir wollten schon lange einem anderen Publikum als bisher zeigen, was Psychologie (das Innen) und Körperarbeit (das Außen) gemeinsam erreichen können.
Die Kraft der Stille
Was mir an Janssens Ansatz besonders gefällt, ist seine Wertschätzung der Stille. In einer Zeit, in der alles lauter wird – Kommunikation, Märkte, Erwartungen – ist bewusste Ruhe ein Wettbewerbsvorteil. Stille schafft Raum für Reflexion, für echte Gespräche und für Entscheidungen, die nicht aus Reflex, sondern aus Überzeugung getroffen werden.
In meinem Alltag bedeutet das: weniger Meetings, dafür bessere. Weniger Worte, dafür präzisere. Und vor allem: Zeitfenster, in denen nichts anderes zählt als Denken.
Drei Impulse für den Alltag
Montags 30 Minuten Selbstführung: Keine To-do-Liste, nur drei Fragen: Was lasse ich? Was löse ich aus? Was entscheide ich heute?
Quartalsziele mit Sinnsatz: Zu jedem Ziel ein Satz, der beschreibt, wem es nützt und welches Problem es löst.
Verantwortung klar definieren: Eine Seite reicht: Wer entscheidet was – und mit welchen Grenzen?
Diese einfachen Routinen verändern den Führungsalltag spürbar. Sie schaffen Struktur, ohne Starrheit zu erzeugen, und ermöglichen Geschwindigkeit, ohne Druck aufzubauen.
Mit diesen Zeilen bin ich ein Geschichtenerzähler, kein klassischer Coach, sicher kein Trainer und wohl auch kein Unternehmensberater im klassischen Sinne. Wohl aber bin ich einer, der mitfühlen kann, wie es jetzt gerade sein muss.
Eine Auswahl der Bücher von Bodo Janssen: Drei Perspektiven auf das neue Führen
Die stille Revolution – Führen mit Sinn und Menschlichkeit

Dieses Buch markiert den Beginn von Janssens Führungsphilosophie. Entstanden aus einer persönlichen Krise, beschreibt es den Wandel eines Unternehmers, der durch schlechte Mitarbeiterbefragungen zum Umdenken gezwungen wurde.
Der Kern des Buches: Wirtschaftlicher Erfolg und menschliche Entwicklung sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Janssen zeigt, wie Führung vom „Ansagen“ zum „Ermöglichen“ wird – weg von Kontrolle, hin zu Vertrauen.
Die „stille Revolution“ steht damit für eine innere Umkehr: Führung beginnt mit Selbstreflexion, nicht mit Maßnahmenkatalogen.
Eine Frage der Haltung – In der Krise bewähren, aus der Krise wachsen

In diesem Werk vertieft Janssen den Gedanken der Haltung als Navigationsinstrument in unsicheren Zeiten. Das Buch ist praxisnah und konkret, geprägt von den Erfahrungen während der Pandemie. Janssen schildert, wie Verantwortung geteilt, Entscheidungen neu gedacht und Krisen als Entwicklungschance genutzt werden können.
Haltung bedeutet hier: das Richtige tun, auch wenn es unbequem ist – und dabei Vertrauen als Basis jeder Entscheidung zu verstehen. Es ist weniger ein Führungsratgeber als ein Trainingsbuch für Resilienz und Charakterstärke im Unternehmensalltag.
Das neue Führen – Führen und sich führen lassen in Zeiten der Unvorhersehbarkeit

Dieses Werk bildet die theoretische und zugleich praktische Weiterentwicklung seines Denkens. Janssen erkennt die Unvorhersehbarkeit moderner Wirtschaftswelten als Normalzustand an und beschreibt, wie Organisationen handlungsfähig bleiben, ohne in hektischen Aktionismus zu verfallen.
Zentrale Prinzipien sind Selbstführung, Entscheidungsruhe und Lernfähigkeit. Führung wird dabei als wechselseitiger Prozess verstanden: Wer andere führen will, muss bereit sein, sich selbst führen zu lassen – durch Feedback, Erfahrung und kontinuierliche Selbstbeobachtung. „Das neue Führen“ liefert damit die Werkzeuge, um Sinnorientierung und Ergebnisorientierung in Balance zu halten.
Fazit
Führung wird heute oft mit Innovation, Agilität oder Effizienz beschrieben. Doch am Ende zählt etwas Grundsätzlicheres: Haltung. Sie ist das unsichtbare Fundament, auf dem Unternehmen stehen – und fallen. Ein Coaching - durch die intellektuelle Reibung und durch den Spiegel, den Sie nutzen können - kann diese Haltung nicht nur implizit sondern auch explizit werden.
Die „stille Revolution“ erinnert uns daran, dass die Qualität von Führung nicht in ihrer Lautstärke liegt, sondern in ihrer Wirkung.
Wenn ich mein Team führe, indem ich zuhöre, stärke ich Vertrauen. So schwer es mir fällt - Sinn vor Tempo stärkt Stabilität. Und wer Haltung zeigt, gibt Orientierung – auch, wenn der Weg noch nicht klar ist.
Mag. David Kleiner
Arbeitspsychologe und systemischer Coach
PERMA Lead zertifiziert, Advanced Level
EUPPA certified Master Trainer Positive Psychologie
Coach Dialog im Führungsalltag
Burgring 22
8010 Graz




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